Wirtschaftlichkeit der Kernenergie

Dass die Energieversorgung wirtschaftlich sein soll, ist in der Schweizer Verfassung und im Energiegesetz verankert. Kostenwahrheit und Konkurrenzfähigkeit sind als Grundlagen für eine wirtschaftliche Energieversorgung genannt. Dieses Interesse hat nicht nur der Staat. Auch die Besitzer der Schweizer Kernkraftwerke – zu gut 80 Prozent die öffentliche Hand, also Kantone, Städte und Elektrizitätswerke – sind durchaus gewinnorientiert und erwarten Ertrag auf ihren Investitionen in Stromerzeugungsanlagen. Dieser Ertrag errechnet sich üblicherweise aus der Differenz von Gestehungskosten und erzieltem Marktpreis. Im Fall der Wasserkraft spielen auch Abgaben wie Wasserzinsen eine Rolle.

Gestehungskosten gegenüber Marktpreis

Getreu dem gesetzlich verankerten Verursacherprinzip umfassen die Gestehungskosten von Atomstrom sämtliche mit der Kernenergie verbundenen Kosten: vom Bau der Anlage über ihren Betrieb bis zum Verschluss des geologischen Tiefenlagers ebenso wie Bewilligungen und sämtliche Kosten für die Nuklearaufsicht. Diese Gestehungskosten bewegen sich seit Jahren zwischen weniger als 4 und bis gut 6 Rappen pro Kilowattstunde. Ausser alten, abgeschriebenen Grosswasserkraftanlagen und modernsten Photovoltaikanlagen an Toplage erzeugt in der Schweiz keine andere Technologie Strom zu solch tiefen Kosten. Die Schweizer Kernkraftwerke produzieren damit nicht nur planbaren, sondern auch bezahlbaren und preisstabilen Strom. Dieser Strom ist vor allem in der Winterlücke, wenn die Schweiz bereits von Importen abhängig ist, von grossem Wert – für die Kernkraftwerksbetreiber ebenso wie für die Volkswirtschaft.

Der Marktpreis war in den letzten Jahren starken Schwankungen ausgesetzt: Ausgelöst durch die Finanzkrise von 2011, die starke Subventionierung und den Ausbau und Einspeisevorrang neuer erneuerbarer Energien in Deutschland, aber auch die Subventionierung von Kohle weltweit sowie das forcierte Gas-Fracking in den USA, waren die Strompreise in den Jahren 2013-2018 recht tief. Sie rutschen bei Stromüberschuss immer öfter ins Negative, beispielsweise im Sommer oder am Wochenende, wenn eine grosse Produktion von Photovoltaik und Windkraft ins Netz eingespeist wird, die Stromnachfrage aber eher tief ist. Das erschwerte den wirtschaftlichen Betrieb von Kernkraftwerken – und ebenso der Wasserkraft.

Mittlerweile ist der Strompreis aufgrund von verschiedenen geld- und geopolitischen, aber auch angebotsverknappenden Faktoren massiv angestiegen, was bedeutet, dass die Kernenergie im Markt sehr kompetitiv ist.

Tiefe Vollkosten

Die Wirtschaftlichkeit der Kernenergie und anderer Stromtechnologien lässt sich nur mit einer ganzheitlichen Betrachtung des ganzen Stromerzeugungssystems objektiv beurteilen. Diese Betrachtung berücksichtigt neben den Gestehungskosten (Kapital- und Betriebskosten) auch die Systemkosten (Kosten für Netzinfrastruktur und -stabilisierung sowie Speicherkosten) und Umweltkosten der Technologie (vom Verursacher nicht gedeckte Schadenskosten durch Emissionen, Ressourcenverbrauch usw.). Gestehungskosten, System- und Umweltkosten ergeben zusammen die wahren Kosten jeder Technologie. Unter diesem Blickwinkel punktet die Kernenergie mit insgesamt sehr tiefen Vollkosten. Nur diese geben auch Auskunft darüber, wie weit eine Technologie den Forderungen der nachhaltigen Entwicklung entspricht.

Kernenergie weist zudem nur geringe Umweltkosten auf: Dank ihrer ausgesprochenen Klimafreundlichkeit sind Kosten für CO2-Emissionszertifikate kein Thema. Ebenso positiv schneidet Kernenergie bezüglich weiterer Umweltauswirkungen ab, wie Landverbrauch, Abgaben in Luft und Wasser, Ressourcenverbrauch, Ozon u.a.m., wie eine repräsentative Studie des BFE aus dem Jahr 2017 belegt. Auch bezüglich Systemkosten kommt Kernenergie schlank durch, da sie ohne Backup- und Speichersysteme oder gar neue Netzinfrastrukturen auskommt.

Die Gestehungskosten der Kernenergie sind kompetitiv. Zudem bietet sie tiefe Vollkosten, denn sie ist klimafreundlich, landschafts- und ressourcenschonend. Von unschätzbarem Wert ist, dass sie vor allem im Winter entscheidend zur Versorgungssicherheit beiträgt. Auch der Bund erachtet die Kernkraftwerke als systemrelevant, wie er insbesondere in der Coronakrise deutlich festgehalten hat.

Das Faktenblatt zur Wirtschaftlichkeit der Kernenergie finden Sie unter Downloads.