22. April 2021
Obwohl ein Expertenbericht des eigenen wissenschaftlichen Dienstes (Joint Research Center der EU-Kommission) zum Schluss kam, dass Kernenergie mindestens so umweltverträglich wie erneuerbare Energie ist, hat die EU-Kommission am 21. April beschlossen, die Kernenergie vorderhand nicht in ihre Taxonomie für umweltverträgliche Investitionen aufzunehmen. Swissnuclear bedauert diesen Entscheid und erwartet die Berücksichtigung der Kernenergie im Rahmen der weiteren Arbeiten der EU-Kommission.
Die Europäische Union arbeitet an einer Taxonomie, die Investitionen in eine nachhaltige Richtung lenken soll. Diese Taxonomie beurteilt Investitionen danach, ob sie bezüglich Umweltauswirkungen nachhaltig sind und «keine wesentlichen Schäden» auf Mensch und Natur haben.Die EU-Kommission hat am 21. April entschieden, die Kernenergie vorderhand nicht in die Taxonomie aufzunehmen. Sie wird bis Ende Jahr in einer weiteren Verwaltungsvorschrift («delegated act») definieren, wie sie in Zukunft mit der Kernenergie umgehen will.
Der Entscheid der EU-Kommission führt zu Rechtsunsicherheit und ist bedeutsam, da auch die Besitzer von Kernkraftwerken auf verträgliche finanzielle Rahmenbedingungen für den Betrieb der Anlagen angewiesen sind. Durch die Nicht-Aufnahme in die Taxonomie benachteiligt die EU die Kernenergie auf dem Finanzmarkt gegenüber anderen Technologien. Swissnuclear erwartet daher die berechtigte Berücksichtigung der Kernenergie im Rahmen der weiteren Arbeiten der EU-Kommission zur Taxonomie.
Kernenergie ist nicht nur klimafreundlich, sondern auch umweltfreundlich
Der Bericht des Joint Research Centers weist nach: Mit Investitionen in die Kernenergie investieren institutionelle wie private Anleger in die Gesundheit von Mensch und Natur, in saubere Luft und Klimaschutz, in den Erhalt von Natur und Landschaft und die nachhaltige Nutzung von Ressourcen.
Die Beurteilung der Kernenergie in Europa lässt sich nach dem Bericht wie folgt zusammenfassen:
- Über den ganzen Lebenszyklus analysiert sind die durchschnittlichen Treibhausgasemissionen pro KWh Strom aus Kernkraftwerken vergleichbar gering wie typischerweise bei Strom aus Wasserkraft und Wind.
- Strom aus Kernkraftwerken weist sehr tiefe Stickoxid- und Schwefeldioxidemissionen auf. Sie sind vergleichbar oder tiefer als die entsprechenden Werte bei Solar- und Windenergie.
- Strom aus Kernkraftwerken ist vergleichbar oder besser als Photovoltaik und Windenergie bezüglich des Potenzials für Versauerung und Eutrophie (d.h. v.a. Erhöhung des Nährstoffgehalts von Gewässern durch gelöste Nährstoffe, besonders Stickstoff und Phosphor).
- Der Landverbrauch für ist für Kernenergie bedeutend kleiner als für Wind- und Sonnenenergie.
- Die durchschnittliche jährliche Strahlung aus Kernkraftwerken, der die Bevölkerung pro Person ausgesetzt ist, ist zehntausend Mal kleiner als die durchschnittliche jährliche natürliche Strahlung aus der Umwelt (terrestrisch und kosmisch).
- Die gesamten Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit von radiologischen wie nicht-radiologischen Emissionen der nuklearen Stromerzeugung (ganzer Lebenszyklus) sind mit jenen der Stromerzeugung durch offshore Windenergie vergleichbar.
Der Klimaschutz braucht die Kernenergie
Bereits im «Positionspapier Kernenergie und Klimaschutz» hat swissnuclear zum Ausdruck gebracht, dass wirksamer Klimaschutz in der Schweiz nicht ohne den Beitrag der bestehenden Kernkraftwerke gelingen kann. Angesichts der enorm grossen Aufgabe, unsere Wirtschaft innert nützlicher Frist zu dekarbonisieren, braucht es in Zukunft viel mehr Strom als heute und deshalb die vereinten Kräfte der erneuerbaren Energien und der Kernenergie. Denn nur die bestehenden Kernkraftwerke können die klimafreundliche Grundlast bereitstellen, die für die Versorgungssicherheit und den stabilen Betrieb des Stromnetzes unabdingbar ist.
Für den Klimaschutz ist deshalb die Kernkraft die ideale Partnerin für die erneuerbaren Energien. Sie ist sogar die eigentliche Schlüsseltechnologie für das Gelingen der Energiestrategie 2050 und der Klimastrategie des Bundes. Denn sie schafft Zeit für den Ausbau der erneuerbaren Energien. Zeit, die bitter nötig ist, wie der schleppende Fortschritt im Klimaschutz soeben wieder gezeigt hat. So wird die Schweiz ihre Klimaschutzziele gemäss Bundesamt für Umwelt (BAFU) für das Jahr 2020 bei weitem verfehlen, und dies trotz Corona-Pandemie und geringerem Stromverbrauch als im Vorjahr.
Für weitere Auskünfte: Kommunikation swissnuclear, Tel. 062 205 20 10, medien@swissnuclear.ch.